Triage und StaRT-Schema

Bei einer Großschadenslage mit zahlreichen Verletzten ist es eine der wichtigsten Aufgaben der Einsatzkräfte, alle Patienten zunächst zu sammeln. Dies geschieht an einer sogenannten „Patientenablage“, die sich außerhalb des unmittelbaren Gefahrenbereichs befindet. Hier wird zunächst eine Sichtung und Einteilung in Verletzungskategorien durchgeführt, die sogenannte Triage.

So läuft die medizinische Erstversorgung beim MANV ab

Die Sofortbehandlung lebensbedrohlicher Verletzungen findet noch an der Patientenablage statt. Nachdem die Aufnahmekapazitäten in der Umgebung verifiziert wurden, und entsprechende Transportmöglichkeiten bereitstehen, werden die Verletzten so schnell wie möglich zu entsprechenden Versorgungseinrichtungen transportiert. So lange nicht genügend Transportmöglichkeiten vorhanden sind, wird vor Ort ein Behandlungsplatz hergerichtet.

Der Erste vor Ort: Was der ersteintreffende Arzt beim MANV leisten muss
Der Mediziner, der zuerst eintrifft, hat zunächst eine schwierige logistische Aufgabe, denn er kann sich nicht sofort um die Verletzten kümmern. Als erstes muss er die genaue Anzahl der Patienten ermitteln und sie entsprechend der Schwere der Verletzungen einteilen. Um später eintreffenden Hilfskräften eine Möglichkeit der optimalen Vorbereitung zu geben, muss er außerdem die Örtlichkeiten sichten und versuchen, die Situation zu überblicken. Alle so gewonnenen Erkenntnisse erleichtern die weitere Betreuung vor Ort und in den umgebenden Krankenhäusern oder Auffangstationen.
Was ist die Triage?

Das Durchzählen und anschließende Kategorisieren von Verletzten noch vor der medizinischen Versorgung wurde aus der Militärmedizin übernommen und heißt „Triage“. Die französischen Ärzte Spire und Lombardy erklärten Triage im Jahr 1934 als

  • Diagnose der vorliegenden Verletzung
  • Beurteilung der Dringlichkeit der Behandlung
  • Einschätzung der Transportfähigkeit
  • Angabe des Bestimmungsortes

Was zunächst herzlos aussieht, macht Sinn, denn mit dem Verfahren können die verfügbaren, oft knappen Rettungskräfte und Mittel bestmöglich vor allem den Verletzten zugewiesen werden, die tatsächlich Überlebenschancen haben. Ein Aufschieben oder Abwarten lässt sich in manchen Fällen nicht vermeiden, die strukturierte Klassifizierung trägt jedoch dazu bei, die Einteilung möglichst objektiv zu gestalten und persönliche oder ideologische Motive auszuschließen. Da bei einer Großschadenslage die Einsatzkräfte in aller Regel überlastet sind, ist die Triage ein wertvolles Hilfsmittel bei der Einschätzung und Planung notwendiger Maßnahmen und Ressourcen.

Kennzeichnung von Verletzten im Einsatz

In der Praxis gehen die Ersthelfer so vor, dass Verletzte tatsächlich deutlich sichtbar beschriftet werden, meist mit einem Filzmarker. Dabei werden regional unterschiedliche Kategorien verwendet, in der Bundesrepublik werden vier Stufen der Dringlichkeit unterschieden. Die Sichtungs-Zuordnung erfolgt durch farbige Verletztenkarten, die auch den Stufen der Dringlichkeit entsprechen:

  • SK 1: Rot (akute Gefährdung und Sofortbehandlung)
  • SK 2: Gelb (schwer verletzt, aufgeschobene Dringlichkeit)
  • SK 3: Grün (leicht verletzt, kann später behandelt werden)
  • SK 4: Blau (ohne Überlebenschance)
  • SK 5: Schwarz (tot)

Die Kategorisierung erlaubt unter anderem die Einteilung für die Transporte in die umliegenden Kliniken. Bevor der Transport stattfindet, werden Verletzte namentlich registriert, unter anderem deshalb, um den Familien Auskunft geben zu können.

Das STaRT-Schema als erste Handlungsanweisung

Die Triage wird wesentlich erleichtert durch das sogenannte STaRT-Schema. Hinter dem Kürzel verbirgt sich die Bezeichnung „Simple Triage and Rapid Treatment“. Die Kategorisierung nach diesem Verfahren nimmt bei jedem Verletzten nur 60 Sekunden in Anspruch, kann von medizinischen Einsatzkräften aller Ausbildungsstufen ausgeführt werden und ist ohne Hilfsmittel zu bewältigen. Nach dem StaRT wird folgendermaßen vorgegangen:

    • Die gehfähigen Verletzten werden gebeten, sich an einem angegebenen Punkt zu sammeln. Wer aus eigener Kraft dort ankommt, ist automatisch als SK 3 klassifiziert.
    • Alle Verletzten, bei denen ein Atemstillstand selbst nach dem Freimachen der Atemwege vorliegt, werden als tot eingeordnet.
    • Anschließend erfolgt bei den übrigen Verletzten die Prüfung der Atmung: eine Atemfrequenz > 30/min erlaubt die Zuordnung zu SK 1
    • Prüfung der Perfusion: eine Rekapillarisierungszeit > 2 Sekunden führt ebenfalls zur Einordnung in SK 1. Starke Blutungen können sofort durch Druckverband oder Tourniquet gestillt werden.
    • Prüfung der Ansprechbarkeit: ist der Verletzte bewusstlos oder kann er nicht adäquat reagieren, wird er ebenfalls der SK 1 zugewiesen.
    • Die verbleibenden Verletzten werden anschließend in die SK 2 eingeteilt.
    • Die Zuweisung zur SK 4 ist natürlich belastend und schwierig und findet daher nur bei extrem limitierten Ressourcen statt.

      „Wie sich anhand dieses Verfahrens zeigt, ist mit der Methodik in jedem Fall eine möglichst rasche Klassifizierung und die Weiterleitung der Verletzten an die nächstmögliche Klinik beabsichtigt. Denn dort haben Patienten wesentlich bessere Behandlungs- und Genesungschancen als am Einsatzort und unter dessen begrenzten Hilfsressourcen. Aus dieser Perspektive macht die Triage und die rasche Ausführung von STaRT besonders viel Sinn!“